Terror und Amok verändern unseren Blick auf die Welt. Wir schauen anderes in Gesichter, auf Rucksäcke, Kapuzen und – ja, auch auf Herkunft und Hautfarbe.
Ob wir diese Gefühle haben oder nicht, können wir uns nicht aussuchen. Wichtig ist, dass wir ihnen mit Vernunft begegnen. Nicht alles, was uns diese Gefühle nahelegen, hält der Überprüfung durch die Vernunft stand.
In unseren Gemeinden wohnen Flüchtlinge in Unterkünften. In Zeiten der Angst unterscheiden wir häufig in WIR und DIE. WIR, das sind dabei die potenziellen Opfer, DIE sind die Gruppe aus der die Täter kommen.
In Würzburg und Ansbach waren die Täter Flüchtlinge. In München war es ein Junge, der Wert darauf legte, hier geboren zu sein. Er schwärmte für einen norwegischen Massenmörder und die Amokschützen von Erfurt und Winnenden. Alle drei hatten jede Achtung vor dem Leben verloren. Vor solchen Menschen fürchten wir uns zu Recht.
Und „wir“, das sind bei Lichte besehen doch wohl fast alle, die in unserer Gemeinde leben. Ausdrücklich auch die Schutzsuchenden in den Flüchtlingsunterkünften. Die Gewalttäter der letzten Tage haben keinen Unterschied gemacht zwischen Alteingesessenen, Zugezogenen der ersten oder der zweiten Generation, Durchreisenden oder Flüchtlingen. Amokschützen und Rucksackbomber unterscheiden das Leben nicht. Sie vernichten es.
Die Angst der Schutzsuchenden ist nicht kleiner als die der Alteingesessenen. Und sie ist genauso begründet. Jeder von uns kann Opfer einer sinnlosen Gewalttat werden. Viele der Flüchtlinge sind genau vor dieser Lebensverachtung geflohen – was nun wirklich kein guter Grund wäre, sie für Komplizen von Mördern zu halten.
Der Staat muss die öffentliche Sicherheit gewährleisten. Das hat die Polizei so schnell und so gut wie möglich in allen Fällen getan. Was darüber hinaus getan werden muss, werden wir lernen. Vermeiden sollten wir, das Spiel des Terrors mitzuspielen.
Die Mörder haben weniger Macht als sie vorgeben. Sie sind wenige und sie vertreten nichts und niemanden als ihren eigenen Lebensüberdruss. Wir sind viele. Menschen, die hier geboren wurden und solche die hierher gezogen sind, diejenigen, die auf der Durchreise sind, und solche, die hier ein besseres Leben suchen. Wir alle haben Angst, weil es jeden von uns treffen kann. Aber wir sind viele und wir alle haben eine mehr als gute Chance diese Tage zu überleben. Das unterscheidet uns von den Mördern.
Ob wir in diesen Tagen Angst haben oder nicht, können wir uns nicht aussuchen – wie wir damit umgehen dagegen schon.
Ulrich Braun, Vorsitzender