Planegg wird Fairtrade Gemeinde

Die Gemeinderäte Eva Schreier (gG21) und Roman Brugger (SPD)
SPD Planegg

27. November 2024

Am 24. September 2024 war es endlich soweit: Die Gemeinde Planegg wurde als Fairtrade Kommune ausgezeichnet. Bis dorthin war es ein langer Weg, auf dem mehrere Hindernisse überwunden werden mussten.

Ein Text von Roman Brugger. Eine Kurzfassung ist im Würmkauz Nr. 109/ Dezember 2024 erschienen. Diesen können Sie hier herunterladen

Der Anfang

Der Weg begann im August 2020: Im Gemeinderat beantragte die grüne Gruppe (gG21), dass Planegg den Titel „Fairtrade Town“ anstreben sollte. Fairtrade-Towns fördern den fairen Handel auf kommunaler Ebene. Der Antrag wurde in der Sitzung Ende November abgelehnt: Der Arbeitsaufwand, um diesen Titel zu erreichen, sei für die Verwaltung zu groß. Im Alternativbeschluss sichert die Gemeinde jedoch die Unterstützung von Fairtrade Aktivitäten zu. Das war der Startschuss zur Gründung der Fairtrade Steuerungsgruppe. Diese bestand zunächst nur aus Eva Schreier (gG21) und mir. Unser Ziel: Wir wollten die Kriterien, die eine Gemeinde erfüllen muss, um ein Fairtrade Town zu werden, soweit erfüllen, dass auf die Verwaltung außer einer Unterschrift des Bürgermeisters keine Belastungen zukamen. Zu diesen Kriterien gehörten die Punkte Steuerungsgruppe, Produkte, Zivilgesellschaft und Öffentlichkeitsarbeit und am Ende der Ratsbeschluss.

Die Umsetzung

Dann ging die Arbeit los. Um das Kriterium „Steuerungsgruppe“ mussten wir uns glücklicherweise nicht mehr kümmern, da wir diese sofort nach Ratsbeschluss gegründet hatten. Für das Kriterium „Produkte“ standen wir vor der Aufgabe, sechs Einzelhändler und zwei Gastronomen davon zu überzeugen, fair gehandelte Produkte anzubieten. Wie viele Betriebe in einer Fairtrade Kommune faire Produkte verkaufen müssen, richtet sich nach der Größe der Gemeinde. Dieses Ziel war relativ schnell erreicht, da die Planegger Supermärkte bereits Fairtrade Kaffee im Angebot hatten und Eva Schreier bei anderen Betrieben bereits Vorarbeit geleistet und schon mehrere Inhaber von Fairtrade überzeugt hatte. Trotzdem war es wichtig, alle nochmals zu besuchen und mit den Verantwortlichen zu sprechen.

Zu unserer Freude beteiligten sich auch ein Modegeschäft und ein Einzelhändler mit ihren fair gehandelten Waren an der Aktion. Schwieriger war es, zwei Gaststätten zu überzeugen, Fairtrade Produkte anzubieten, da diese, z.B. beim Kaffee auf ihre Händler angewiesen sind. Durch glückliche Umstände konnten wir schlussendlich aber vier Gastronomiebetriebe an Fairtrade Towns melden, mehr als in den Auszeichnungskriterien gefordert.

Bei der Volkshochschule (vhs) wurden wir beim Thema Fairtrade mit offenen Türen empfangen. Die vhs schenkte nicht nur fairen Kaffee aus, sondern bot auch Veranstaltungen und Kurse zum Thema Fairtrade an, z.B. über fair gehandelte Mode. Ein wichtiger Schritt, um das Kriterium „Zivilgesellschaft“ zu erfüllen, war damit geschafft. Neben der vhs konnten wir in dieser Kategorie auch die evangelische und katholische Kirchengemeinde aufnehmen. Diese hatten nach einem Austausch mit der evangelischen Kirche in Gauting Anregungen für ihre Fairtrade Aktivitäten in den jeweiligen Gemeinden bekommen. Wichtig für dieses Kriterium war außerdem, dass sich das Feodor-Lynen-Gymnasiums an der Fairtrade Aktion beteiligte. Dort hat sich im selben Zeitraum unseres Fairtrade-Prozesses ein P-Seminar unter der Leitung von Christine Samhammer gebildet. Das Seminar hatte den fairen Handel als Thema und strebte die Auszeichnung des Gymnasiums zur Fairtrade School an. Mit dem Feo gab es in dieser Zeit immer wieder regen Austausch und gegenseitige Unterstützung. Für die Kategorie „Öffentlichkeitsarbeit“ konnten wir unsere Infostände zur fairen Woche, die wir seit 2021 durchführen, sowie die Ausstellung NO CAP „faire Tomaten statt Billigkonsum“ im Rathaus und die entsprechenden Presseberichte dazu, bei der Bewerbung als Fairtrade Kommune angeben. Bei diesen Aktivitäten wurden wir von Christiane Lüst, die das Geschäft öko&fair in Gauting betreibt, unterstützt.

Auf der Zielgeraden

Nachdem unserer Meinung nach alle Bedingungen für die Auszeichnung zur Fairtrade Kommune erfüllt waren, und somit unser Teil der Arbeit getan war, stellten wir, gG21 und SPD, nochmals den Antrag, dass die Gemeinde die Auszeichnung zur Fairtrade Kommune anstreben soll. In der Sitzung am 28.11.2022, die fast genau zwei Jahre nach der ersten Ablehnung des Antrags stattfand, wurde der Antrag angenommen. Zuvor gab es allerdings eine kontroverse Diskussion mit Sitzungsunterbrechung. Der Antrag erhielt daraufhin den Zusatz, dass sich die Steuerungsgruppe um die konkrete Bewerbung und die dafür notwendigen Aktivitäten kümmern musste, da diese von der Verwaltung nicht geleistet werden konnten. Jetzt war die Gemeinde offiziell Fairtrade Town Kandidat und es begann die Formulararbeit. Wir mussten nun unsere Unterstützer, teilnehmende Geschäfte, Vereine, Gaststätten, nochmals besuchen und in die Formulare zusätzlich zu den jeweiligen Ansprechpartnern die Daten der Produkte bzw. bei Vereinen die Aktivitäten auflisten. Mit Stefan Hallinger und Christiane Lüst kamen in dieser Zeit zwei Mitglieder in unsere Steuerungsgruppe, die uns bei dem weiteren Prozess unterstützt haben. Außerdem hatten wir intensiven Kontakt zu den Steuerungsgruppen des Landkreises München und der Europäischen Metropolregion München, die bereits als Fairtrade Kommune zertifiziert waren. Von ihnen haben wir viele Anregungen und Unterstützung für unsere Arbeit bekommen.

Kurz vor den Sommerferien 2023 war es geschafft: Fast zeitgleich mit dem Feodor-Lynen-Gymnasium reichten wir unsere Bewerbung zur Fairtrade Auszeichnung ein, vom Bürgermeister unterschrieben. Nach circa zehn Wochen sollten wir Bescheid bekommen, ob unsere Mühe erfolgreich war und die Gemeinde Planegg sich künftig „Fairtrade Kommune“ nennen darf. Es begann ein banges Warten. Damals dachten wir noch, dass die Gemeinde zusammen mit dem Gymnasium die Auszeichnungsfeier veranstalten könnte, das wäre dann der „Fairtrade Doppelwumms“ gewesen. Es kam anders.

Eine letzte Hürde

In der letzten Oktoberwoche kam eine Nachfrage seitens Fairtrade: Wir mussten noch nachweisen, dass in der Verwaltung auch Fairtrade Produkten verwendet wurden. Dieser Nachweis zog sich leider einige Zeit. Schnell bestätigt werden konnte, dass die Gemeinde Gästen, Mitarbeitern und bei Veranstaltungen Fairtrade Kekse anbot. Beim Kaffee wurde es schwieriger. Wir waren davon ausgegangen, dass in der Verwaltung, so wie in der Amtszeit, der 2014 leider verstorbenen Bürgermeisterin, Annemarie Detsch, weiterhin Fairtrade Kaffee verwendet wurde. Nach viel hin und her und langen Telefonaten stellte sich heraus, dass die Gemeinde zwar fairen Kaffee verwendete, der Händler bzw. die Rösterei aber nicht zertifiziert war. Erfreulicherweise hat sich die Kaffeewerkstatt in Neuried, von der die Gemeinde ihren Kaffee bezieht, noch zur fairen Rösterei zertifizieren lassen. Somit stand unserer Auszeichnung nicht mehr im Weg. Seit dem 25. Januar 2024 darf sich Planegg nun offiziell Fairtrade Gemeinde nennen.

Damit endete ein Weg, der schon vor mehr als zwei Jahren begonnen hatte: Bereits 2010 schrieb mir Annemarie Detsch, dass sich die Gautinger SPD für die Fairtrade Auszeichnung ihrer Gemeinde einsetzte und dass dies für uns ein Anreiz sein sollte, ebenfalls einen Vorstoß zu unternehmen. Sie setzte sich in ihrer Amtszeit dafür ein, dass in der Verwaltung Fairtrade Produkte verwendet wurden. Leider scheiterte der Versuch zur Auszeichnung damals, auch wegen Hürden in der Gastronomie. Annemarie Detsch würde es sicher freuen, dass es nun mit der Auszeichnung geklappt hat.

Die Verleihung der Auszeichnung

Nach der Bekanntgabe unserer erfolgreichen Bewerbung ging es dann an die Planung der Auszeichnungsfeier, kein leichtes Unterfangen bei so vielen Beteiligten. Für die Feier wird von Fairtrade auch ein gewisser Rahmen erwartet. Wir einigten uns schließlich auf Freitag, 27.9.2024, den letzten Tag der Fairen Woche. Bei der Vorbereitung und Planung der Auszeichnungsfeier hat uns die Verwaltung, besonders Silke Vilgertshofer, Wirtschaftsförderung, und Kiki Xander, Öffentlichkeitsarbeit, nach Kräften unterstützt.

Die Feier fand im Rahmen Marktes am Freitag auf dem Kirchplatz statt, um genügend Platz für das Publikum und das bunte Programm zu bieten, zu dem die vielen Unterstützer*innen beitrugen. Mitarbeiterinnen der Gemeinde und Eva Schreier trugen die faire Kleidung des beteiligten Modegeschäfts das auch mit einem Stand vertreten war. Die evangelische und die katholische Kirchengemeinde sorgen mit fairen Keksen und mit Muffins für das leibliche Wohl der Teilnehmer:innen, genauso wie der mobile Kaffeestand der Kaffeewerkstatt. Die VHS stellte, vertreten durch Karola Albrecht, das umfangreiche Fortbildungsprogramm zum Thema Fairtrade vor. Die Musikschule umrahmte die Feier, gemeinsam mit dem Chor der Grundschule. Christine Samhammer vom Feodor-Lynen-Gymnasium hob in ihrem Grußwort die Bedeutung des Themas Fairtrade an ihrer Schule hervor und bedankte sich für die gute Zusammenarbeit mit der Steuerungsgruppe. Zum Thema Fairtrade beigetragen hat auch eine Planegger Buchhandlung die während der Fairen Woche einen Thementisch hatte und mit diesem auch am Marktplatz präsent war. Durch die vielen Beteiligten mit ihren Aktionen war es eine gelungene Auszeichnungsfeier.

Dafür und für die Arbeit der Steuerungsgruppe bedankte sich auch Bürgermeister Hermann Nafziger: „Wir ernten jetzt die Lorbeeren für die sich diese Gruppe maßgeblich eingesetzt hat“. Eva Schreier wies in ihrer Begrüßungsrede auf die Bedeutung des fairen Handels hin und dass dieser für alle Beteiligten, Produzenten, Handel und Verbraucher, durch faire Preise, transparente Handelsbeziehungen und den Genuss qualitativ hochwertiger Produkte, ein Gewinn ist. Sie betonte, dass diese Auszeichnung der Gemeinde Planegg gut zu Gesicht steht. Manfred Holz, der Fairtrade Ehrenbotschafter, der zur Urkundenübergabe aus Neuss angereist war, wies in seiner Rede darauf hin, dass fairer Handel vom Handeln lebt und dass Deutschland als reiche Industrienation in der Pflicht steht, einen Beitrag für Frieden und gegen Armut zu leisten. Er erwähnte, dass viele Menschen zwar teure Kaffeemaschinen, aber billigen Kaffee kaufen und schloss daraus: „Fair ist also, nicht billig einzukaufen, wofür andere teuer bezahlen.“

Mit der Auszeichnung ist Planegg die 895. Fairtrade Kommune in Deutschland und die 263 in Bayern.

Fairtrade beinhaltet das Streben nach einer gerechteren Welt, es verhindert ausbeuterische Kinderarbeit und sklavenähnliche Arbeit auf den Plantagen, in Minen und Steinbrüchen der Konzerne. Aus fairem Handel gibt es neben Kaffee auch Fruchtsäfte, Kekse, Gewürze, Honig, Kosmetika, Tee, Steine, Textilien aber auch fair gehandeltes Gold. In Richtung fairer Handel zielt auch das Lieferkettengesetz im Bund und der EU, das auf diesen Ebenen von Sozialdemokraten federführend vorangetrieben wurde.

Mit der Auszeichnung zur Fairtrade Kommune ist für Planegg ein wichtiges Etappenziel erreicht. Die weitere Aufgabe ist es jedoch, den Fairtrade Gedanken in Planegg weiter zu verbreiten und zu festigen, denn in zwei Jahren muss die Zertifizierung wieder erneuert werden. Die SPD geht dafür mit gutem Beispiel voran: an unserem Stand am Christkindlmarkt wird ab diesem Jahr nur fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt. Wenn Ihnen das Thema Fairtrade ebenfalls am Herzen liegt und Sie uns auf dem weiteren Weg unterstützen wollen, sind Sie herzlich eingeladen, sich bei der Steuerungsgruppe zu melden.

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